16.01–19.01.2025
Zeiten:
15.01. Eröffnung um 17 Uhr
16.01. 15-18 Uhr
17.01. 15-18 Uhr
18.01. 15-20 Uhr
19.01. 11-16 Uhr
Blech
Raum für Kunst e.V.
Am Steintor 19,
06112 Halle (Saale)
Bei der Begehung einer alten Salzhalde bei Teutschenthal im Jahr 2018
macht Philipp Keidler eine erstaunliche Feststellung. Die seltsam
idyllische Natur der Industriebrache mit dem weißen Berg im Hintergrund
erinnert ihn an seine Heimat, die Allgäuer Alpen. Er hält den Eindruck
fotografisch fest. Ausgehend von diesem Erlebnis schürft der Autor
anrüchige Verbindungen: Die untertägigen Hohlräume des ehemaligen
Salzbergwerks zwischen Halle-Ammendorf und Teutschenthal werden von der
Firma GTS mit hochgiftigen Abfällen, wie Industrieschlacken, verfüllt.
Die GTS erwarb den Stollen von der Treuhand, um ihn im Versatzverfahren
bergmännisch zu „sichern“. Der Versatz soll Gebirgsstürze mit Erdbeben
an der Tagesoberfläche verhindern. Die GTS ist seit 2008 eine
Tochtergesellschaft der im Allgäu ansässigen Geiger-Gruppe. Den für
Geiger typischen grünen Anstrich erkennt der Künstler am Wetterschacht.
Das bodenständig wirkende Familienunternehmen steigerte nach dem Kauf
den Versatz im Bergwerk auf über 200.000 Tonnen Industrieabfälle
jährlich.
Philipp Keidler sucht über- und untertage nach dem Befremdlichen und
findet das Vertraute. Er zeigt die Überlagerungen von Idylle und
Dystopie. Das Ergebnis sind jedoch keine unscharfen Verweise, sondern
eine Neusortierung des Gewohnten und der Beziehungen des Raumes. Die
Schlichtheit der Formen und das zurückhaltende Spiel mit Bau- und
Rohstoffen schafft eine einfache, klare Atmosphäre, ohne einfach zu
sein.
Die Oberfläche wird gebrochen von Geräuschen, mittels Geophon abgehört
aus den Tiefen des Stollens und der Allgäuer Täler. Die geschichteten
Klänge machen das Unsichtbare hörbar. Damit schafft der Künstler einen
Zugang zum Bergbau in 700m Tiefe unter Halle-Angersdorf und fördert
Fragmente seiner eigenen Biographie zu Tage. Die Installation wird
durch dokumentarische Berichte von Anwohner*innen und einem
Projektleiter aus dem Schachtbau ergänzt.
Die Werke von Philipp Keidler laden dazu ein, eine immersive, intime
Begegnung mit dem postindustriellen Zerfall und der (scheinbaren) Idylle
von Heimat zu machen. Die Unsicherheit bleibt was vertraut und was
befremdlich ist.
(Text: Ekke Metzger)
Philipp Keidler lebt und arbeitet seit 2015 in Halle (Salle).
Er studierte an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle in der
Klasse von Prof. Stella Geppert sowie an der Villa Arson in Nizza.
Seinen konzeptuellen Arbeiten liegt eine wissenschaftliche
Herangehensweise zugrunde. Er bewegt sich in einem Spannungsfeld von
Authentizität und Fiktion und schafft mit seinen Arbeiten eigene
Assoziationen bei den Betrachtenden.
Web: https://www.philippkeidler.de/
instagram@philippkeidler
Das Projekt entstand im Zuge der Graduiertenförderung der
Kunsthochschule Burg Giebichenstein und wurde von Werkleitz im Rahmen
des Technikverleihs unterstützt.